Die Fratzen der Liebe

Bericht über eine Erkenntnis

© rokoerber 2011


In meinem Leben habe ich sie schon in wohl allen möglichen Formen gesehen und erlebt: die Liebe. Zuerst hatte ich sie gar nicht erkannt, nur gespürt. Erst später wurde mir klar, sie war da, als ganz seltsames Gefühl einer anderen Person gegenüber.

Ich war gerade ein Jugendlicher geworden und kam mit diesem Gefühl ganz und gar nicht klar. Da gab es ein Mädchen, wo ich mir einbildete, ohne sie nicht mehr leben zu wollen. Dieses Gefühl war so schlimm, dass ich meine Gedanken sehr zusammenreißen musste, um auch einmal an etwas anderes zu denken. Es mag sein, dass diese erste Liebe wirklich das war, was man sich, so landläufig darunter vorstellt. Heiß und verlangend war sie sicher. Heiß wurde zumindest mir, wenn ich nur an dieses Mädchen dachte. Auch das Verlangen nach ihr wuchs von Tag zu Tag. Ich hielt es damals für etwas Schönes. Heute weiß ich sehr wohl, es war eigentlich nur Neugierde. Nichts als der Wunsch, endlich einmal den Körper eines Mädchens zu erforschen. Es ist anzunehmen, diese ersten Anzeichen von Liebe, waren nur Gefühle, verursacht durch den erwachenden Sexualtrieb. Denn eines war seltsam, nachdem die erste Neugier versiegte - vor allem aber, als ein anderes Mädchen in mein Blickfeld trat, schwand diese erste Liebe wieder.

Ist Liebe so etwas Flüchtiges, dass man sie einfach klaglos wechseln kann? Was sollen da die Tausende von Epen in der Literatur, die von nie enden wollender Liebe sprechen? Irgendetwas muss schon dran sein an diesem absurden Gefühl. Allerdings berichten diese Epen auch sehr wohl von enttäuschter Liebe. Ja, von Liebe, die in Hass umschlug; von falsch verstandener Liebe und gar von käuflicher Liebe. Ich muss gestehen, der Begriff Liebe wurde mir im Laufe der Zeit immer suspekter. War da nicht die Rede von „der einzigen Liebe“? Das konnte nicht sein, wie ich am eigenen Leibe verspürte. Wenn es wirklich Liebe ist, von der wir hier reden, so schaffte ich es sehr wohl, gleich drei Frauen auf einmal zu lieben.

Liebe muss etwas völlig anderes sein, als sie uns von der Literatur gerne dargestellt wird. Dort liest es sich regelmäßig wie etwas Einmaliges, das zwei Menschen verbindet. Ist das wirklich so? Wie und wo sollte ich da nachforschen? Ich hatte schon mehrere Lieben verloren, aufgegeben oder sie wurden mir entzogen. So etwas Einmaliges, wie es uns gerne vorgegaukelt wird, scheint es also gar nicht zu sein. Ein Mensch kann sich sehr wohl mehrmals verlieben - auch in mehrere Personen. Wie sich zeigte, auch gleichzeitig.

Eines muss ich allerdings zugeben, Liebe, bleiben wir mal bei diesem Begriff, kann sehr wohl ein recht heftiges, verlangendes, ja verzehrendes Gefühl sein - aber - und das sei zugegeben, was mich betrifft, auch ein recht kurzlebiges Gefühl. Oft reichte dieses Gefühl gerade für eine Nacht. Es dauerte nicht sehr lange, da konnte ich diese Form der Liebe abhaken. Da wurde zwar viel davon geredet, aber es war eigentlich nur eine gewisse Begierde, jemand mehr in den Griff zu bekommen. Genauer gesagt ins Bett. Kommt man also dem allgemeinen Sprachgebrauch nach: „Drum prüfe wer sich ewig binde“, dann ist es sehr angebracht, nicht gleich von Liebe zu sprechen. Eine Frau könnte sich da womöglich zu viel davon versprechen.

Kommen wir zu Frauen. Ich konnte feststellen, die verlieben sich sehr viel schneller und sehr viel heftiger als Männer. Immer wieder musste ich aber erkennen, gerade heftige Liebe schlug sehr schnell in Gleichgültigkeit, ja Hass um, wenn der Partner auch nur den leisesten Versuch machte, womöglich Besitzansprüche zu stellen. Sicher, viele Frauen fühlen sich sehr wohl dabei, liebevoll angesprochen zu werden. Sie freuen sich über Liebesbeweise, seien es Liebesbriefe oder auch nur Blumen. Leider nur zu schnell können sie sich eingeengt fühlen, brauchen etwas mehr Abstand, wenn sie mit dem Liebenden nicht zusammen sind. Was erst nett und freundlich erschien, geht ihnen bald auf die Nerven: Telefonanrufe zu jeder Tages- und Nachtzeit. Ich vermute einmal, Frauen verstehen unter Liebe womöglich auch etwas ganz anders als Männer.

Ich stelle nun einmal eine gewagte Hypothese in den Raum: Die Liebe, als die von Amor verbreitete Kunst des Zusammenseins, stellt sich in den unterschiedlichsten Formen dar, die im Laufe der Zeit zusammengeworfen wurden:

Der Blitzeinschlag. Manche sagen auch Liebe auf den ersten Blick. Hier von Liebe zu sprechen ist eigentlich falsch. Es werden nur erste Gefühle ausgetauscht, und zwar meist nur innerlich. Eigentlich geht es nur darum, dass man das Gefühl hat, jemand sei einem sympathisch, man wolle ihn näher kennenlernen. Das kann sehr wohl auf zwei Personen gleichzeitig zutreffen. Üblicherweise sind erste Küsse die Folge. Um ganz ehrlich zu sein, so ein Blitzeinschlag endet nur zu oft im Bett. Bereits beim ersten Kennenlernen.

Die vorgetäuschte Liebe. Ja, auch sie gibt es. Zugegeben, meist vonseiten der Männer. Nur zu viele wissen sehr genau, dass dies eine Methode ist, um fast jede unerfahrene Frau herumzubekommen. Auch erfahrene Frauen fallen viel zu oft darauf herein - gibt es für eine Frau doch (angeblich) nichts Schöneres als die Liebe. Vor allem, wenn sie von einer enttäuscht wurden, fallen sie auf vorgespielte Liebe sehr leicht herein.

Die eingebildete Liebe. Sie ist das Gegenstück zur Vorgetäuschten. Da hat man anscheinend jemand gefunden, dem man seine Liebe schenken möchte. Der andere ist höflich und zuvorkommend. Mann (oder Frau) bildet sich ein, das könnte etwas werden. Nach einiger Zeit stellt man fest, das war wohl nix. Pech gehabt.

Die große Liebe. Ich hatte das Glück, auch sie kennenzulernen. Um ganz ehrlich zu sein, sie begann einfach als pure Freundschaft, die dann in eine intime Bindung überging. Nichts Aufregendes - anfangs nicht mehr als eine Wochenendbeziehung. Man wagte nach einer Probezeit sogar eine Heirat … ja und dann kam sie. Heimlich und langsam, die echte Liebe. Es gibt sie also doch und eines kann ich dazu sagen: Von ihr kommt man sehr schwer wieder los. Sie ist nicht hell aufflammend, sie ist leise und zärtlich - und - sie ist echt.

Alles andere, so behaupte ich heute, ist bestenfalls mögen.

 


Zu der großen Liebe möchte ich noch hinten anhängen:

Sie hält ewig, auch über den Tod hinaus.

 

Was meint Ihr dazu? Schreibt es mir einfach in die Kommentare.

 

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